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Ungenauigkeiten
Autor: GuidoSH 08.04.22 - 15:27
Elon Musk ist sicher Ankündigungsweltmeister. Er liefert aber meist - nur eben Jahre später als zunächst angekündigt.
Der Artikel enthält einige Ungenauigkeiten. Als Grund für das Scheitern der 4680-Zelle wird u.a. angeführt, dass Kobalt im Preis gestiegen ist. Nur enthält die 4680-Zelle gar kein Kobalt. Jedenfalls nicht die 4680-Zelle, die Tesla entworfen hat (Letztlich ist 4680 ja nur eine Definition für das Außenmaß der Zelle).
Dann steht im Artikel wie vorteilhaft LFP-Zellen sind und das BYD und CATL die schon vor 1-2 Jahren für unter 70 USD/kWh angeboten haben. Das ist auch richtig. Ebenfalls richtig ist die Angabe, dass der Lithiumpreis um 1000% gestiegen ist. Genau deswegen ist nun aber der Preisvorteil von LFP-Zellen weg. LFP braucht etwas mehr Lithium als NCM und deswegen führt die Preisexplosion bei Lithium dazu, das LFP-Zellen ihren wichtigsten Vorteil verloren haben, nämlich den Preisvorteil gegenüber NCM.
Ich stimme mit dem Autor überein, dass nicht die Energiedichte sondern der Preis das wichtigste Kriterium ist und China da vieles richtig macht. Diese Kritik muss aber nicht nur an Tesla sondern vor allem an die deutsche Autoindustrie gehen. Die setzt in ihren geplanten Fabriken bislang auch nur auf Hochleistungszellen: NCM und später die imaginären Festkörper.
Jahrelang sind bei Lithiumbatterien die Preise von Jahr zu Jahr um 10-20% gesunken und viele haben für Prognosen diesen Trend in die Zukunft fortgeschrieben. Der Trend ist aber vorbei. Die Preise für Lithium-Zellen steigen aufgrund der Rohstoffpreise massiv und es wird Jahre dauern, den Trend erneut umzudrehen, weil es Jahre dauert, neue Lithium-Vorkommen zu erschließen.
Wenn China Natrium-Batterien mit um die 150Wh/kg für 30-40 USD /kWh hinbekommt, wird China einen gigantischen Marktvorteil haben. Und man muss damit rechnen, dass per Staatsdoktrin dann vor allem chinesische Firmen Zugriff darauf haben, um endlich zu schaffen, was seit Jahrzehnten nicht gelingt: Mit chinesischen Autos den Weltmarkt zu erobern.
Kleines Rechenbeispiel: 70kWh (brutto) Natrium Batterie a 35 USD/kWh = 2.450 USD für die Zellen. 70 kWh NCM-Zellen a 150 USD/kWh = 10.500 USD. Über 8.000 Dollar Mehrkosten (ohne Steuern) nur für die Zellen. Natrium-Zellen werden voraussichtlich für ca. 80% der Autos ausreichend sein. Und Natrium wird uns nicht ausgehen. Entsprechend wäre auch die deutsche Industrie gut beraten, jetzt umzuschwenken. Wenn ein Golf-Äquivalent-BEV von VW sonst 42.000 EUR kostet und etwas Ebenbürtiges aus China nur 28.000 EUR, dann dürfte es doch eng werden für VW und Co. -
Re: Ungenauigkeiten
Autor: Frank Wunderlich-Pfeiffer 08.04.22 - 16:15
GuidoSH schrieb:
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> Elon Musk ist sicher Ankündigungsweltmeister. Er liefert aber meist - nur
> eben Jahre später als zunächst angekündigt.
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> Der Artikel enthält einige Ungenauigkeiten. Als Grund für das Scheitern der
> 4680-Zelle wird u.a. angeführt, dass Kobalt im Preis gestiegen ist. Nur
> enthält die 4680-Zelle gar kein Kobalt.
Guter Punkt. Hab Kobalt aus dem Text genommen. (Normalerweise schreibe ich über alle möglichen Hersteller und nicht nur über Tesla, und da ist Kobalt natürlich noch ein großes Thema.)
Die 4680-Zelle wird auch nicht an sich scheitern, sondern nur nicht in dem Maßstab umgesetzt werden, wie es 2020 beim Battery Day angekündigt wurde. Das sieht man auch daran, dass Elon Musk damals noch sagte, dass 2/3 der Akkus LFP sein würden und jetzt von wenigstens 3/4 ausgeht.
> Ebenfalls richtig ist die Angabe, dass der Lithiumpreis um 1000%
> gestiegen ist. Genau deswegen ist nun aber der Preisvorteil von LFP-Zellen
> weg. LFP braucht etwas mehr Lithium als NCM
Nein, das stimmt nicht. LFP hat sogar etwas weniger Lithium.
LFP .... Li Fe P O4 wiegt 7+56+31+4*16 = 158 g/mol und liefert etwa 500 Wh/kg mit 4,4% Lithiumanteil.
Nickelreiche Kathoden liefern etwa 750 Wh/kg. Etwas vereinfacht besteht das Material aus Li Ni O2 und wiegt 7+59+32 = 98 g/mol mit 7,1% Lithiumanteil.
Damit haben die letzteren 1,5 mal so viel Energiedichte, aber 1,6 mal so viel Lithium. Der Grund ist, dass man aus LFP fast das gesamte Lithium beim laden aus der Struktur enfernen kann, während bei den Oxiden ein Teil zurück bleiben muss, weil sonst die Materialstruktur instabil wird.
> und deswegen führt die
> Preisexplosion bei Lithium dazu, das LFP-Zellen ihren wichtigsten Vorteil
> verloren haben, nämlich den Preisvorteil gegenüber NCM.
Es gab kurzfristig in China tatsächlich das Phänomen, dass LFP-Zellen teurer als NCM waren , aber das lag mehr an höherer Nachfrage nach LFP und entsprechenden Engpässen in der Produktion - es haben sich eben fast alle Hersteller auf LFP in den Autos spezialisiert.
> Diese Kritik muss aber nicht nur an Tesla sondern vor allem an die deutsche
> Autoindustrie gehen.
Sogar an die gesamte europäische Autoindustrie, wenn man sich die geplanten Akkufabriken in Europa anschaut. Aber wie gesagt, hier habe ich mich ausnahmsweise auf Tesla konzentriert. (Ich habe die im Blick und spare auch nicht mit Kritik, deswegen ja auch der Fehler mit dem Kobalt.)
Frank Wunderlich-Pfeiffer (Twitter: @FrankWunderli13) - als freier Journalist bei Golem.de unterwegs - Countdown Podcast zur Raumfahrt @countdown_pod oder https://countdown.podigee.io/ -
Re: Ungenauigkeiten
Autor: Bernd Bandekow 09.04.22 - 00:57
Was mich ja mal interessieren würde: Ist die Produktion von LFP- bzw. NaIonen-Akkus eventuell durch Patente so blockiert, dass andere Firmen diese überhaupt nicht so fertigen können, wie CATL?
Und wenn ja, sind „die Chinesen“(tm) überhaupt daran interessiert, schnell genug die Produktion großer Mengen (nicht nur für Autos sondern noch viel mehr für stationäre Speicher) zu ermöglichen oder blockieren sie das vielleicht um Abhängigkeiten zu erhalten?