-
Recht, Moral und Sitte
Autor: sp1derclaw 19.12.16 - 12:44
Das ist Erstsemesterstoff: Nur weil etwas rechtlich (Gesetze) in Ordnung ist, bedeutet das nicht, dass es moralisch (persönliche Regeln) oder sittlich (ungeschriebene Verhaltensregeln einer Gesellschaft) in Ordnung wäre.
Apple macht es sich hier (wie andere internationale Unternehmen auch) einfach, indem sie die fehlende Abstimmung und die fehlende gemeinsame Gesetzgebung zwischen Staaten ausnutzen, um ihre Steuerabgaben auf ein unfassbar lächerliches Minimum zu drücken.
Apple argumentiert, dass jedes Unternehmen dort steuern zahlt, wo es ansässig ist. Das wären die USA, genauso wie es bei VW, BMW oder Mercedes Deutschland wäre. Das Problem: In den USA zahlt Apple auch keine Steuern auf ihre Gewinne, sonst würden die ja schon längst in den USA liegen. Sie entziehen sich also sowohl europäischen als auch den amerikanischen Steuerabgaben, indem sie die Staaten mehr oder weniger gegeneinander ausspielen.
Die rechtliche Bewertung des Ganzen überlasse ich mal den Gerichten. Die sittliche und moralische Legitimation des Ganzen ist jedoch verheerend. Apple spielt sich immer als der große Samariter auf, der z.B. Kindern in Schulen oder bedürftigen Kranken hilft. Für ihre vereinzelten Projekte, die stark beworben werden, mag das stimmen. Jedoch entzieht Apple mit den zurückgehaltenen Steuereinnahmen der Bevölkerung wichtige finanzielle Mittel, die für eine bessere Schulausstattung, eine bessere Infrastruktur oder eine bessere Gesundheitsversorgung verwendet werden könnten.
Wenn sich nun Maestri hinstellt und sagt, dass das Vorgehen der EU-Kommission eine Schande für europäische Bürger darstellt, dann frage ich mich, was die Verweigerung von Steuerzahlungen auf den Großteil der Gewinne sowohl in den USA als auch in Europa darstellt?
Würden sie die Körperschaftssteuer von Irland mit 12,5% auf ihre geschätzt 230 Mrd. US-Dollar entrichten, wären das ca. 28,75 Mrd. US-Dollar. Apple hat dieses Jahr werbewirksam 32.000 iPads an benachteiligte Schulen gespendet. Mit einer Steuerzahlung in Höhe von 28,75 Mrd. Dollar hätte man (iPad Pro-Preis von Euro in US-Dollar umgerechnet: 709,21) rund 40,5 Millionen iPad Pro kaufen können. Das nennt man dann wohl scheinheilig...
1 mal bearbeitet, zuletzt am 19.12.16 12:45 durch sp1derclaw. -
Re: Recht, Moral und Sitte
Autor: Moe479 19.12.16 - 13:59
Ich finde denn Prozess ansich garnicht verkehrt, da er die Schwächen einer Minimalen Deckung der Gesetzeslagen unter den EU-Mitgliedstaaten thematisiert. Warum konnte uns Apple, wie sicher viele andere auch, dermaßen abziehen? Das ist die eigentliche Frage.
-
Re: Recht, Moral und Sitte
Autor: DrWatson 19.12.16 - 20:15
sp1derclaw schrieb:
--------------------------------------------------------------------------------
> Apple argumentiert, dass jedes Unternehmen dort steuern zahlt, wo es
> ansässig ist. Das wären die USA, genauso wie es bei VW, BMW oder Mercedes
> Deutschland wäre. Das Problem: In den USA zahlt Apple auch keine Steuern
> auf ihre Gewinne, sonst würden die ja schon längst in den USA liegen. Sie
> entziehen sich also sowohl europäischen als auch den amerikanischen
> Steuerabgaben, indem sie die Staaten mehr oder weniger gegeneinander
> ausspielen.
Ich weiß gar nicht, woher immer dieser Quatsch kommt. Apple hat letztes Jahr 16 Mrd Dollar Steuern in den USA gezahlt, bei einem Gewinn vor Steuern von 61 Mrd.
Quelle: [files.shareholder.com]
Zu sagen, dass sie in Europa keine Steuern auf Gewinne zahlen ist eine Sache, aber dass sie in den USA nichts zahlen, ist wirklich Humbug. -
Re: Recht, Moral und Sitte
Autor: Iomegan 19.12.16 - 21:46
Sie zählen auch in Europa steuern so weit ich weiß. (App Store etc.) Aber eben nicht auf die Hardware.